Mindener Leichenpredigtensammlung
Leichenpredigten wurden nach der Reformation für Verstorbene aus protestantischen Familien gehalten. Den anschließenden und oft auch recht aufwändigen Druck konnten sich jedoch meist nur wohlhabende Adelige, Bürger und kirchliche Würdenträger leisten.
Die Mindener Leichenpredigtensammlung umfasst 103 Bände mit insgesamt 2.665 Predigten in Oktav- und Quartformat aus dem 16., 17. und frühen 18. Jahrhundert. Die in den Predigten gewürdigten Persönlichkeiten kamen überwiegend aus dem gesamten norddeutschen Raum einschließlich Schlesien. Personen aus Landschaften südlich des Mains sowie allgemein aus Territorien mit katholischer Bevölkerung sind dagegen nur spärlich vertreten. Hingegen sind Leichenpredigten von in Deutschland verstorbenen Ausländern, z.B. schwedischen Offizieren und Studenten enthalten.
Rund 900 der in der Mindener Sammlung enthaltenen Leichenpredigten sind in den beiden anderen größeren Leichenpredigtensammlungen – der Stolberger Leichenpredigtensammlung (jetzt in der Abteilung Rheinland des Landesarchivs NRW in Düsseldorf) und der Göttinger Leichenpredigtensammlung nicht vorhanden und sind somit größtenteils als Unikate zu sehen. Die Sammlung wird vor allem von Familienforschern intensiv genutzt.
Die Predigten der Mindener Sammlung sind im Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten (GESA) der Forschungsstelle für Personalschriften erfasst und online recherchierbar.
Die Leichenpredigten wurden von dem evangelischen Pfarrer Gottreich Ehrenhold Hartog zu Lahde/Weser um 1735 gesammelt, und zwar offenbar in Zusammenarbeit mit dem Mindener evangelischen Pfarrer Anton Gottfried Schlichthaber, dem Verfasser der „Mindischen Kirchengeschichte“ (1752-1755). Nach Hartogs Tod übernahm das Minden-Ravensbergische Konsistorium in Minden die Sammlung. Als das Konsistorium 1816 aufgelöst beziehungsweise mit dem Provinzialkonsistorium in Münster vereinigt wurde, verblieb die Leichenpredigtensammlung in Minden und wurde in die Bibliothek der Regierung Minden übernommen. Auf Bitten des Gymnasialdirektors Georg Ludwig Wilms, der von 1850 bis 1860 Direktor der Schule war, kam die Sammlung in die Bibliothek des Mindener Gymnasiums. Im Februar 1941 wurde sie schließlich dem Stadtarchiv Minden übergeben, um die Benutzung für Zwecke der Familienforschung während der nationalsozialistischen Zeit zu erleichtern. 1952 gingen die Leichenpredigten erneut an das Gymnasium zurück, bis sie schließlich im Juli 1961 endgültig ins Stadtarchiv übernommen wurden.
Wenig später konnte das Stadtarchiv im Dezember 1961 eine vom Regierungsbaurat Dubois erstellte alphabetische Namenskartei erwerben. Diese enthält alle etwa 30.000 in der Mindener Leichenpredigtensammlung genannten Personen und stellt damit praktisch eine vollständige Auswertung dieser Sammlung dar.
Diese Namenskartei ist bei FamilySearchTM als Sammlung „Deutschland, Westfalen, Minden, Verzeichnis der Leichenpredigten 1580-1740“ online verfügbar.